«Da kann ich mir das Gym-Abo sparen» – Schreinerlehrling Nicolas erzählt von seiner Ausbildung bei der hp. müller ag schreinerei
Nicolas ist diesen Sommer ins zweite Lehrjahr gestartet – und bringt es im Interview auf den Punkt: Wer als Lernender auf der Montage zupackt, braucht kein Fitnessstudio. Was ihn an seiner Lehre begeistert, was ihn fordert und wie kratzende Isolierarbeiten nur halb so schlimm sein können, erzählt er mit viel Herz fürs Handwerk.
Mischa Link
Nicolas in der Werkstatt der hp. müller ag schreinerei.
Der Schulunterricht hat vor wenigen Wochen wieder begonnen. Für zahlreiche Schülerinnen und Schüler bedeutet das, auf ihrer Ausbildungsleiter eine weitere Sprosse nach oben geklettert zu sein. So auch für unsere Lernenden Dunja, Nils und Nicolas – im vierten, dritten und zweiten Lehrjahr. Und für Leon, der diesen Sommer seine Ausbildung zum Schreiner bei der hp. müller ag schreinerei begonnen hat, beginnt damit ein ganz neuer Lebensabschnitt – auf den er sich bestimmt freuen kann.
Die Berufslehre ist eine im Vergleich zum Berufsleben kurze, aber intensive Zeit – vier Jahre dauert sie für Schreinerinnen und Schreiner mit eidgenössischem Fähigkeitszeugnis. Vieles passiert in komprimierter Form. So meinte Nicolas: «Mir kommt es so vor, als hätte ich erst gerade angefangen. Es fühlt sich nicht nach einem Jahr an.»
Diese Erkenntnis freut uns als Lehrbetrieb natürlich sehr, der seit 1994 um die Ausbildung des Schreinereinachwuchses bemüht ist. Denn wir alle kennen das Gefühl, wie schnell die Zeit vergeht, wenn die Tätigkeit Freude macht und erfüllend ist. Wir wollten von Nicolas aber noch etwas genauer wissen, was ihm an seinem Lehrberuf besonders gefällt – und was vielleicht weniger.
Hallo Nicolas. Nun, nach den Sommerferien, bist du im zweiten Lehrjahr – wie fühlt sich das für Dich an?
Ehrlich gesagt fühlt es sich irgendwie komisch an. Ich kann es noch nicht ganz glauben, dass schon ein Jahr rumgegangen sein soll, seit ich die Lehre begonnen habe. Mir kommt es so vor, als hätte ich erst gerade angefangen. Doch wenn ich genauer zurückdenke, dann wird mir klar: Ich habe in diesem Jahr so viel neues gelernt, Eindrücke bekommen – und war auch immer beschäftigt. So ist es eher verständlich, wieso die Zeit so schnell vorbeizog. Denn die Zeit geht schneller vorbei, wenn etwas Spass macht. Und das hat mir das erste Lehrjahr. Auch das belohnende und erfüllende Gefühl, etwas präsentieren zu können, das man hergestellt hat, trägt dazu bei. Oft laufe ich mit Freunden durch die Stadt und sage begeistert: «Da haben wir dies, dort jenes gemacht.» Das erfüllt mich auf eine gewisse Art und Weise mit Stolz.
Wie bist du eigentlich auf die Idee gekommen, Schreiner zu werden?
Das war eher Zufall als ein bestimmter Plan. Denn in der dritten Sekundarstufe stehen jeweils Projektarbeiten an. Ich habe als Vorprojekt eine Werkzeugkiste geschreinert. Das finale Abschlussprojekt war schliesslich ein Katzenbaum – denn unsere Katze hatte einen Alten, der beinahe auseinanderfiel. Die Idee, muss ich ehrlicherweise sagen, hatte meine Mutter. Doch ich fand Gefallen daran. Auch an der Arbeit mit Holz. So entschied ich mich – obwohl ich auch die Lehrberufe wie Bäcker, Metzger oder KV geschnuppert habe – , einen Beruf zu wählen, bei dem das holzige Handwerk im Zentrum steht. So kam ich zur Schreinerausbildung. Und ich habe diese Wahl keinen einzigen Tag lang bereut.
Wenn du nochmal wählen könntest: Würdest du dich wieder für diesen Beruf entscheiden? Warum (oder warum nicht)?
Sofort würde ich mich wieder für den Schreinerberuf entscheiden. Im Prozess der Berufswahl habe ich auch den Lehrberuf Zimmermann angeschaut. Für mich ist die Arbeit dort aber zu wenig genau. Als ich den Zimmermannberuf schnuppern durfte, sagte mir der Lehrlingsbetreuer: «Schneide das Holz etwa hier ab.» Ich fragte mich nur: «Wo ist ‹etwa hier›?» Ich arbeite lieber im Millimeter-Bereich genau. Da stand der Entscheid fest.
«Als ich den Zimmermannberuf schnuppern durfte, sagte mir der Lehrlingsbetreuer: ‹Schneide das Holz etwa hier ab.› Ich fragte mich nur: ‹Wo ist ‹etwa hier›?›»
Was hättest du gerne schon vor Lehrbeginn gewusst – vielleicht hätte es dir den Start erleichtert?
Bevor ich die Ausbildung begonnen habe, habe ich schon einiges gehört. «Es ist ein anstrengender, handwerklicher Beruf», etwa oder: «der Ton ist sehr rau auf dem Bau». Und ja, es ist eine körperliche Tätigkeit, bei der ich abends manchmal total müde nach Hause komme. Aber mir gefällt das. So merke ich, dass ich am Tag etwas getan habe. Die Arbeit im Büro schreckt mich dagegen mehr ab. Den ganzen Tag still vor dem Bildschirm zu sitzen, das könnte ich nicht. Und der Umgangston auf der Baustelle kann manchmal rau sein. Aber auch daran gewöhnt man sich. Dann ist das alles auch nicht so schlimm (lacht).
Die Lehre gilt als sehr abwechslungsreich – was hast du kürzlich zum ersten Mal gemacht?
Hm, das ist eine gute Frage… Also erst kürzlich habe ich zum ersten Mal alleine Fenster und Rahmentüren montiert. Das in einem überbetrieblichen Kurs, der regelmässig ansteht. Zu Beginn war das eine Herausforderung. Aber auch diese haben wir mit der Hilfe und Tipps des Kursleiters gemeistert. Darauf blicke ich mit Stolz zurück.
Allgemein sind diese Kurse immer wieder eine Herausforderung, weil wir dort Dinge tun, die wir – logischerweise – vorher noch nie gemacht haben. Aber das ist genau das Tolle daran. Wir haben dort auch schon in kleinen Gruppen Küchen montiert oder aber Decken geschiftet und anschliessend getäfert. Diese Kurse sind sehr lehrreich.
Welche Arbeit macht dir bisher am meisten Spass?
Mir machen eigentlich alle Arbeiten, die auf der Montage anfallen, Spass. Denn ich bin gerne draussen auf dem Bau. Dort ist man immer unter Leuten. Was ich auch schätze, ist zu sehen, wie die Kundschaft Freude an unserer Arbeit hat. Das ist ein sehr belohnendes Gefühl.
«Was ich auch schätze, ist zu sehen, wie die Kundschaft Freude an unserer Arbeit hat. Das ist ein sehr belohnendes Gefühl.»
Werkstatt oder Montage – was ist mehr dein Ding, und warum?
Grundsätzlich bin ich lieber auf Montage. Man ist draussen und kann wirklich etwas zusammenbauen und montieren. Aber auch die Arbeit in der Werkstatt hat seine schönen Seiten. Am liebsten arbeite ich dort an der Tischkreissäge. Zwar bin ich noch nicht gross geübt an dieser Maschine, doch das lerne ich vorzu. Und wenn ich irgendwo anstehe, so kann ich jemanden aus dem Team um Hilfe fragen. Vielleicht muss ich dann einen humorvollen Spruch über mich ergehen lassen, aber Hilfe gibt es immer (lacht).
Was war dein persönliches Highlight im ersten Lehrjahr?
Die gibt es immer wieder. Aber das grösste Highlight war die erste mehrtägige Montage, wo wir auch im Hotel übernachteten. Es war eine tolle Erfahrung. Insbesondere, da ich mich mit dem Monteur gut verstanden habe. Das ist besonders wichtig.
Wenn du deine Ausbildung mit drei Wörtern beschreiben müsstest – welche wären das?
Das wären wohl die Wörter «abwechslungsreich», «humorvoll» – besonders in unserem Team – und «anstrengend». Dass ich in der Woche rund zwei Mal ins Boxtrianing gehe, macht es nicht weniger anstrengend (lacht). Aber es bietet mir den Ausgleich. Die Möglichkeit, mich auszupowern und angestaute Energie – ja, manchmal auch Frust – rauszulassen, schätze ich sehr an meinem Sport.
Was war die bisher grösste Herausforderung, und wie bist du damit umgegangen?
Tja, das Arbeiten an der Tischkreissäge (lacht). Am Anfang hatte ich grossen Respekt vor dieser Maschine – obwohl ich jetzt beinahe am liebsten an dieser arbeite. Aber wie gesagt, ich kann jederzeit um Hilfe fragen. Mir wurde bisher immer geholfen.
Eine weitere Herausforderung zu Beginn der Ausbildung waren für mich die Hausaufgaben der überbetrieblichen Kurse. Denn ich hatte noch etwas Mühe mit dem Planlesen. Doch mit der Übung habe ich auch das meistern können. Ich sehe es so: Die Herausforderungen sind dafür da, etwas Neues zu lernen. So gedacht, ist es gleich weniger schlimm.
Fühlst du dich bereit fürs zweite Lehrjahr – oder gibt’s etwas, das dir Sorgen macht?
Ich freue mich absolut auf das anstehende Lehrjahr. Auch wenn ich noch immer geflasht davon bin, wie schnell das erste Jahr rumgegangen ist. Ich habe noch immer das Gefühl, als hätte ich erst gerade gestartet.
Schule oder Werkstatt – wo fühlst du dich wohler?
Ehrlich gesagt bin ich am liebsten auf Montage. Dort kann ich das Fachwissen direkt in der Praxis lernen. Denn ich schaue den Monteuren nicht einfach zu und reiche ihnen die Werkzeuge. Ich frage alles nach, was ich nicht verstehe. Das mit dem Ziel, dass ich die Arbeit das nächste Mal auch selber machen könnte.
«Denn ich schaue den Monteuren nicht einfach zu und reiche ihnen die Werkzeuge. Ich frage alles nach, was ich nicht verstehe. Das mit dem Ziel, dass ich die Arbeit das nächste Mal auch selber machen könnte.»
Ergänze mir bitte folgende zwei Sätze: Die Lehre als Schreiner ist einfach toll, weil…
...man viel draussen ist. Die Arbeit ist körperlich und physisch anstrengend. Da kann ich mir das Gym-Abo sparen (lacht). In diesem Beruf ist man auch viel unter Leuten. Ob andere Handwerkende oder die Kundschaft. Und jeden Tag lerne ich etwas dazu. Und das schönste Gefühl ist das, wenn ich auf etwas schauen und zu mir sagen kann: «Das habe ich heute geschaffen.»
Meine Motivation ist eher im Keller, wenn ich …
...isolieren muss (lacht). Das ist eine ganz mühsame Arbeit. Denn danach kratzt alles. Aber es gehört eben auch dazu. Es muss auch gemacht werden. Und mit diesem Gedanken im Hinterkopf ist es gleich halb so schlimm.
Was würdest du einem neuen Lehrling mit auf den Weg geben, der gerade erst anfängt?
Die Motivation ist ganz wichtig. Diese immer aufrecht behalten. Und eine allgemeine Neugierde an den Tag legen. Sich auf neue Dinge einlassen. Und ganz wichtig: Viele Fragen stellen – und wenn möglich Notizen machen. Wenn der Monteur etwas macht, unbedingt den Sinn davon hinterfragen, wenn er nicht offensichtlich ist. Nur so kann man ein ganzheitliches Verständnis für das Schreinerhandwerk erlangen.